Neurodivergenz
Jedes Gehirn arbeitet auf seine eigene und individuelle Art und Weise, was bedeutet, dass wir alle einzigartig sind (=Neurodiversität).
Entsprechen die Gehirnfunktionen unseren normierten Vorstellungen, sprechen wir von einem neurotypischen Gehirn. Weichen diese davon ab, sprechen wir von einem neurodivergenten Gehirn.
Diese andere („neurodivergente“) Art des Denkens und der Wahrnehmung von (Umwelt-) Reizen und Informationen machen manchen Betroffenen das Leben in der Welt „neurotypischer“ Menschen schwer. Sie erleben sich als defizitär, hadern mit einer eventuellen Diagnose oder entwickeln eine begleitende psychische Störung. Als Psychotherapeutin erstelle ich keine Diagnosen, begleite aber gerne beim Umgang mit
Klinisch diagnostizierbare Neurodivergenz: Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Während im Kindes- und Jugendalter die drei Kernsymptome von ADHS Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität sind, vermindert sich im Erwachsenenalter die Hyperaktivität bzw. motorische Unruhe. Die verminderte Aufmerksamkeit bleibt aber bei nahezu allen Erwachsenen mit ADHS bestehen. Viele von ADHS betroffene Erwachsene fühlen sich zudem innerlich ruhelos und getrieben.
Im Berufs- und im Privatleben erreichen Erwachsene aufgrund dieser Symptome oft nicht die Ziele, die sie sich ursprünglich gesteckt hatten, was bei vielen einen starken Leidensdruck erzeugt. Sie vergessen Termine, halten Absprachen nicht ein, verzetteln sich oft und es gelingt den Betroffenen häufig nicht planvoll bei einer Sache vorzugehen.
Ansatzpunkte in der systemischen Therapie
- Beziehungsdynamiken verstehen und verbessern: ADHS kann zu Kommunikationsschwierigkeiten, Konflikten und Missverständnissen führen. Die systemische Therapie hilft dabei, diese Muster zu erkennen und zu verändern.
- Selbstregulation und Umgang mit Stress: Erwachsene mit ADHS kämpfen häufig mit Stressbewältigung und Selbstorganisation. Systemische Ansätze helfen, belastende Muster zu identifizieren und alternative Strategien zu entwickeln.
- Berufliche und soziale Herausforderungen: Im beruflichen Kontext hilft die Therapie, Konflikte zu analysieren, Arbeitsbeziehungen zu verbessern und Strategien zur Organisation und Strukturierung zu entwickeln.
- Perspektivwechsel: ADHS wird häufig als rein defizitorientierte Diagnose wahrgenommen. In der systemischen Therapie können Betroffene neue, konstruktive Sichtweisen auf ihre Persönlichkeit und ihre Lebensgeschichte entwickeln.
- Selbstwertsteigerung: vor allem bei Frauen geht ADHS oftmals mit Selbstwertproblemen und einem erhöhtem Risiko für Depression und Angststörungen einher. Darauf wird in einer systemischen Therapie besonders eingegangen.
Klinisch diagnostizierbare Neurodivergenz: Autismus-Spektrum-Störung (ASS)
Autismus endet nicht im Erwachsenenalter, er prägt das Leben von Betroffenen in jeder Lebensphase. Wenn eine Diagnose gestellt wird, ist deshalb zunächst die Erleichterung oft groß. Was bleibt, sind vielfältige Überlastungssituationen und der Druck, in der Welt der Nicht-Autist:innen funktionieren zu wollen.
Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung verarbeiten Informationen, die sie in der Umwelt wahrnehmen, auf andere Art und Weise. Sie haben Schwierigkeiten haben, soziale Signale zu interpretieren und sich in soziale Kontexte einzufügen. Gleichzeitig entwickeln sie besondere Stärken und Interessen in spezifischen Bereichen – man spricht hier auch von Hyperfokus auf Spezialinteressen. Die Symptome und deren Ausprägungen variieren stark, weshalb Autismus als Spektrum betrachtet wird.
Jeder Mensch weiß, wie es sich anfühlt, wenn man mal überreizt oder überfordert ist. Als autistisch diagnostiziert wird man jedoch erst, wenn alle drei Bereiche – soziale und kommunikative Schwierigkeiten sowie repetitive Verhaltensweisen und sensorische Auffälligkeiten – berührt werden und diese bereits seit der Kindheit in unterschiedlicher Ausprägung bestehen.
Ansatzpunkte in der systemischen Therapie