Was bedeutet systemisch?
Das systemische Denken hat sich aus mehreren Denkrichtungen entwickelt: Aus der Biologie und Systemtheorie stammt die Idee, dass Menschen immer Teil größerer Zusammenhänge sind. Erkenntnistheorie und Kybernetik brachten das Verständnis ein, dass Wirklichkeit nicht objektiv erlebt wird. Aus der Kommunikationstheorie stammt die Einsicht, dass viele Probleme durch wiederkehrende Muster im Miteinander entstehen und über Kommunikation beeinflusst werden.
Daraus ergeben sich unter Anderem folgende Grundannahmen:
- Der Mensch gilt als aktiver Gestalter seiner eigenen Existenz. Die Wirklichkeit wird konstruiert. Es gibt in diesem Sinn keine objektive Wirklichkeit.
- Jeder Mensch trägt alle Ressourcen in sich, die er zu seiner Selbstverwirklichung braucht und mit denen er sein Leben mit Sinn erfüllen kann. Jeder Mensch ist also grundsätzlich lösungskompetent.
- Probleme können sich daraus ergeben, dass dem Menschen die zur aktuellen Problemlösung erforderlichen Ressourcen nicht bewusst sind, er also seine Aufmerksamkeit auf andere Inhalte, vorwiegend die Probleme, ausgerichtet hat.
- Kein Problem tritt immer auf. Verhalten ist nicht konstant. Es gilt, herauszufinden, unter welchen Umständen ein Problem nicht auftritt. Was ist in diesen Situationen anders? In den Ausnahmen liegt die Lösung.
- Verhaltensweisen werden durch das soziale System beeinflusst. Systeme beeinflussen sich gegenseitig.
- Veränderungsprozesse verlaufen nicht linear und nicht nach einem einfachen Ursache Wirkungs-Muster. Kleinste Veränderungen im System können nachhaltige Veränderungen beim Einzelnen hervorrufen.
- Es gibt keinen logischen Zusammenhang zwischen einem Problem und einer Lösung.
- Es besteht keine Notwendigkeit, das Warum zu verstehen oder Einsicht zu gewinnen.
- Der Fokus auf das Mögliche und Veränderbare ist hilfreicher als ein Fokus auf das Überwältigende und schwer zu Bewältigende.
- Komplexe Probleme erfordern nicht unbedingt komplexe oder längerfristige Lösungen.
- Jede Beschreibung eines Problems enthält schon eine Lösung.
- Ein Fokus auf die Zukunft ohne das Problem ist hilfreicher als ein Fokus auf die Vergangenheit mit dem Problem.
In der systemischen Therapie werden daher Symptome und Probleme nicht isoliert als Defizite gesehen, sondern als sinnvolle Reaktionen innerhalb eines Systems. Ziel ist es, die vorhandenen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen des Einzelnen zu aktivieren und neue Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.